Propaganda

Das Bedeutungsfeld des Begriffs Manipulation ist weit gestreckt. Ein Bereich dieses Bedeutungsfeldes wäre der Aspekt der Propaganda.

Nach Fachlexikon definiert sich Propaganda (aus dem lat. propagare verbreiten, verlängern, ausdehnen, fortpflanzen) als ,,die schriftliche, mündliche oder anderweitige, neuerdings auch elektronische (Internet) Verbreitung (politischer, religiöser etc.) Überzeugungen , oft in Verbindung mit weiterer persönlicher Überzeugungsarbeit.“1

Ursprünglich galt Propaganda als Instrument der christlichen Missionierung v.a. in Bezug auf die katholische Gegenreformation. Durch die französische Revolution bekam der Begriff eine politische Note. Propaganda bezeichnete nun v.a. die Verbreitung politischer Ideologien. Dieser Aspekt wurde im 19. und 20. Jhdt. weiter ausgebaut und intensiviert. Bei ihrer Anwendung wurden dabei immer mehr die Massenmedien in Beschlag genommen und instrumentalisiert. Flugblätter, Zeitungen, später dann der Film, das Fernsehen und mittlerweile auch das Internet werden dazu benutzt um gewünschte subjektiv beeinflusste Meinungen unter der breiten Masse zu verbreiten.2

Die Propaganda kann dabei in verschiedenen Formen auftreten:

 

  1. Kriegspropaganda

    Wird von Militärs als legitimer Teil der Kriegsführung betrieben. Ziel ist die Schwächung des militärischen Gegners und die Stärkung der eigenen Truppenmoral. Dabei angewandte Methoden sind z.B. Täuschung, Desinformation (sowohl gegenüber dem Feind als auch gegenüber den eigenen Leuten) und die (Zer-)Störung der gegnerischen Kommunikationsstruktur. Dabei wird sie gleichermaßen von totalitären Regimen und Diktaturen als auch von Demokratien eingesetzt (als Beispiel: die amerikanische Berichterstattung während des Irakkriegs).

     

  2. Auslandspropaganda

    Sie dient der Außendarstellung eines Regimes, umfasst also alle Maßnahmen die ein Staat ergreift um die eigenen Sicherheitsbedürfnisse, strategische Interessen sowie ökonomischen Ziele international zu verdeutlichen. Methoden hierfür wären Auslandskulturarbeit nebst Sprachunterricht genauso wie fremdsprachige Radio- und Fernsehsendungen, sowie Lobbyarbeit bei ausländischen Regierung. Auslandspropaganda gilt somit als wichtiger Teil der Sicherheitspolitik eines Staates.

     

  3. Soziologische Propaganda

    Diese Bezeichnung beschreibt alle Versuche von Regierungen durch Propaganda die Internalisierung bestimmter Normen zu erreichen. Ein anderes Wort hierfür wäre Integrationspropaganda. Eine derartige Propaganda kann auch in Demokratien zur Anwendung gelangen (z.B. im Bereich der politischen Bildung) ist aber v.a. ein markantes Merkmal totalitärer Regime des 20. Jahrhunderts. Diese, egal ob faschistisch/nationalsozialistisch oder stalinistisch-kommunistisch, vertraten das Ideal eines ,,neuen Menschen“, das Volk sollte darum durch Propaganda im diesem Geist erzogen werden. Die Propaganda wirkte dabei dominierend und omnipräsent, der Führungsanspruch des herrschenden Regimes wurde somit untermauert.                

  4. Politische Propaganda in Demokratien

    Bezeichnet das strategische Werben um Zustimmung im Rahmen des im Meinungspluralismus stattfindenden politischen Wettkampf, wie z.B bei Wahlen. Dem Empfänger dieses Werbens ist dabei seine Zuordnung zu einer dieser Meinungen selbst überlassen. Die Definition Propaganda ist daher in diesem Fall eher umstritten. 3

 

Nach diesem kurzem Einblick in das Definitionsfeld nun ein Blick auf zwei Werke Philip K. Dicks, die sich mit dem Thema Propaganda auseinander setzen bzw. dieses als Motiv beinhalten.

 

The penultimate truth (Zehn Jahre nach dem Blitz)

Die Geschichte ist Anfang des 21. Jahrhunderts angesiedelt, die Welt liegt nach dem 3. Weltkrieg in Schutt und Asche. Zwei große Machtblöcke bekriegen sich, die Wes-Dem und die Poc-Peop. Die Menschen führen den Krieg jedoch nicht selbst, denn während diese sich vor den radioaktiven Strahlen in den Untergrund geflüchtet haben, führen auf der Erdoberfläche Roboter, sog. ,,leadies“ (im Deutschen ,,Metallos“), die Kämpfe stellvertretend weiter. Unter der Erde werden die Menschen vom Oberhaupt der Regierung, welche sich noch auf der Oberfläche befindet, Talbot Yancy, über den aktuellen Kriegsverlauf per Leinwandübertragungen auf dem Laufenden gehalten. Die Überlebenden im Untergrund produzieren währenddessen in großen Stollen Metallos. Als der Chefmechaniker des Stollens ,,Tom-Mix“ stirbt und deswegen ein Scheitern der Sollerfüllung droht , versucht der Arbeiter Nicholas St. James auf die Oberfläche zu entkommen um dort eine künstliche Bauchspeicheldrüse besorgen zu können, mit dessen Hilfe es möglich wäre den Chefmechaniker zu reanimieren. Auf der Oberfläche entdeckt er schließlich dass der Krieg schon seit Jahren vorbei ist und von einer Elite, genannt die ,,Yancy Men“, beherrscht wird. Diese hat die Erde unter sich aufgeteilt und benutzt nun die Metallos um ihr Land und ihren Reichtum zu schützen. Präsident Talbot Yancy ist dabei nur ein von einem Großcomputer generiertes Simulacrum.

An dieser Stelle ergibt sich das Motiv der Propaganda: Durch den simulierten Präsidenten werden die Menschen im Untergrund gezielt im Unklaren gehalten. Stattdessen werden sie mit Informationen über eine falsche Realität gefüttert. Doch nicht nur über die Realität werden Lügen verbreitet, auch die Vergangenheit wird den Leuten verzehrt nahe gebracht, da durch die Yancy Men massiv Geschichtsfälschung betrieben wird.

 

 Der Roman führt Motive der Kurzgeschichte The mold of Yancy (Yancys Sinneswandel) aus dem Jahr 1958 weiter: Die Geschichte behandelt die politischen Verhältnisse auf einer Kolonie auf dem Jupitermond Calisto. Die dort vorherrschende Gesellschaft ist ein Hort der Harmonie. Es gibt keine Unruhen, keine Rebellionen, keine Gewalt. Ein völlig friedlicher Ort. Der Grund für diesen Zustand ist John Yancy, ein augenscheinlich ganz normaler Durchschnittsbürger, der allerdings im Alltag aller Koloniebewohner durch omnipräsente Medienpräsenz, sei es im Fernsehen oder auf Werbeplakaten, allgegenwärtig ist. Dabei scheint er zu jedem Thema seine Meinung zu haben, seine Reden wirken dabei eloquent und tiefgründig. In Wirklichkeit sagen diese jedoch kaum etwas aus, es wirkt eher so als seien Talbots Aussagen nur der kleinste gemeinsame Nenner aller in der Gesellschaft vorherrschenden Meinungen, er hat selbst nicht wirklich einen eigenen Standpunkt. Durch diese Art der gezielten Meinungskontrolle sollen die Menschen auf Calisto entpolitisiert und gleichgeschaltet werden.

 

Für Philip K. Dick war in diesen beiden Geschichten das Motiv einer manipulierenden, die Gesellschaft belügende Regierung von Interesse. Er selber hatte nie großes Vertrauen in Regierungen, weswegen er die in seinen Geschichten geschilderten politischen Zustände als für durchaus möglich erachtete. Für ihn war Science Fiction eine Art der Auflehnung gegen diese Zustände und die Autoritäten die sie verursachen, ein Kampf gegen geselschaftliche Gleichschaltung und Volksverdummung.4

 

Literaturverzeichnis:

 Schubert, Klaus/Martina Klein: Das Politiklexikon. 4., aktual. Aufl. Bonn: Dietz 2006.

 Bussemer, Thymian: Propaganda: Konzepte und Theorien. Mit einem einführenden Vorwort von Peter Glotz. 2., überarbeitete Aufl.Wiesabaden:VS. Verlag für Sozialwissenschaften. 2008.

 http://www.philipkdickfans.com/pkdweb/The%20Mold%20Of%20Yancy.htm

Dick, Philip K.: The penultimate Truth. New Edition. Gollancz. 2005

Dick, Philip K.: Der goldene Man. Pabel-Moewig Verlag Kg. 1984

 

1Schubert, Klaus/Martina Klein: Das Politiklexikon. 4., aktual. Aufl. Bonn: Dietz 2006.

2Bussemer, Thymian: Propaganda: Konzepte und Theorien. 2. Auflage.Wiesbaden: VS Verb, für Sozialswissentschaften. 2008. Vgl. S. 25 – 41

3Bussemer, Thymian:Propaganda: Konzepte und Theorien. 2. Auflage. Wiesbaden: VS Verb, für Sozialswissentschaften. 2008. Vgl. S. 35 ff.

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